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  20. Mai 1950  
  Schlagwetter auf Dahlbusch  
  78 Tote  

Schlagwetter auf Dahlbusch

Bericht aus „Die Bergbau-Industrie“
Organ der Industriegewerkschaft Bergbau
Nr. 21 vom 27.05.1950

Halbmast wehen in diesen Tagen die schwarzen Fahnen im Kernrevier des westdeutschen Bergbaus. Wieder einmal hat der Bergmannstod in viele Familien der Kameraden unsägliches Leid gebracht. In den Stunden, die zwischen der Katastrophe auf Dahlbusch und unserer Berichterstattung liegen, waren 58 Todesopfer auf der Anlage selbst festgestellt und geborgen.

Zwölf Schwerverletzte waren bis dahin außerdem im Knappschaftskrankenhaus in Gelsenklrchen-Ueckendorf den Verbrennungen und Vergiftungen erlegen. Insgesamt waren in das Krankenhaus 42 Verletzte eingeliefert worden. Nachdem zwölf entlassen werden konnten und zwölf gestorben sind, bemühen sich die Ärzte zur Zelt noch um 18 Kameraden. Es sind dies teils schwer, teils leichter Verletzte. Alle aber leiden an erheblichen Schmerzen und Beschwerden. Wir können heute nur der Hoffnung Ausdruck geben, daß den unermüdlichen und aufopferungsvollen Anstrengungen der Ärzte und des Pflegepersonals die Wiederherstellung der Kameraden gelingt, die von den Rettungsmannschaften unter dem Einsatz des eigenen Lebens zu Tage gebracht wurden.

Das Unglück ereignete sich am Sonnabend, dem 20. Mai, gegen 8.30 Uhr vormittags, auf der Schachtanlage Dahlbusch, Schacht VI, in Gelsenkirchen-Rotthausen, auf der 930 m-Sohle im Revier 7, Flöz Hugo. Unter der Leitung der Bergbehörde und der Hauptstelle für das Grubenrettungswesen gelang es den Rettungswehren, bis zum Spätabend des Sonnabends alle Toten und Verletzten zu bergen.

Die Untersuchung über die Ursache der Schlagwetterexplosion wurde sofort aufgenommen und am Sonntagvormittag durch die Parlamentarische Grubensicherheitskommission unter dem Vorsitz des Kameraden und Landtagsabgeordneten Stelnert fortgeführt. Mit der Bergbehörde wurden alle Maßnahmen erörtert, die notwendig sind, um die Zündungsursache zu ermitteln.

Die Rettung und Bergung der Verunglückten war durch mehrere kleinere Grubenbrände sehr erschwert worden. In der Nacht zum Sonntag brach, nachdem alle vorherigen Brandherde gelöscht waren, erneut·ein Brand aus. Eine neue Explosion erfolgte, die sich im Laufe des Sonntags periodisch wiederholte.

Um eine weitere Gefährdung von Menschenleben zu verhindern, ordnete die Bergbehörde Sonntag mittag die Abdämmung des gesamten Brandreviers an.

Bei dem Unglück handelt es sich um die zweitgrößte Katastrophe (das größte Unglück war 1946 auf Grimberg), die den westdeutschen Bergbau nach 1945 heimgesucht hat. Auch In der Unglückschronik von Dahlbusch ist es das zweitemal, daß die Belegschaft von einer Schlagwetterexplosion ähnlichen Ausmaßes betroffen wurde. Im Jahre 1943 kamen 38 Bergleute ums Leben.

Unser ganzes Mitgefühl gilt den Opfern und Ihren Angehörigen. Wir haben es für unsere Pflicht gehalten, sofort nach dem Ereignis die Verletzten und die betroffenen Familien aufzusuchen und materielle Hilfe zu leisten. Mit Stolz wollen wir noch berichten, daß sich alle Mitglieder der Betriebsvertretung an den Hilfsmaßnahmen auch unter Tage vorbildlich beteiligt haben. Unsere Berichterstattung über die Einzelheiten des Katastrophenablaufs werden wir fortsetzen.

Die Toten von Dahlbusch sollen fortleben in der deutschen Bergbaugeschichte als HeIden, die der großen Menschengemeinschaft gegenüber ihre Pflicht bis zum letzten erfüllt haben.

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